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PatientInnen mit Demenz brauchen speziellen Umgang
Experten-Interview: OA Dr. Walter Müller, MSc

OA Dr. Walter Müller, MSc Altersmediziner / Geriater Departmentleiter Akutgeriatrie und Remobilisation am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt

WAS ZEICHNET EINE ALTERSFREUNDLICHE GESUNDHEITSEINRICHTUNG AUS?

Für alte Menschen, besonders wenn eine Demenz vorliegt, stellt jeder Ortswechsel, wie auch eine Überstellung in ein Krankenhaus eine schwierige und beängstigende Situation dar. Sie können dadurch destabilisiert werden, im schlimmsten Fall kann es zu einer Entgleisung der Hirnfunktionen, mit der Entwicklung eines akuten Verwirrtheitszustandes (Delirium) kommen.
Eine altersfreundliche, demenzsensible Gesundheitseinrichtung beginnt mit der richtigen, Gestaltung und Ausstattung der Räumlichkeiten. Dies gelingt mit der Auswahl der passenden Farben und Kontraste, einer ansprechenden und überschaubaren Gliederung, der Schaffung von Nischen und Wohlfühlecken.
Entsprechend leicht erkennbare Markierungen und die passende und adäquate Beleuchtung erleichtern die Orientierung.
Die Stationen sollten so gestaltet sein, dass TherapeutInnen gut arbeiten können und Möglichkeiten für Gruppenaktivitäten bestehen. Wichtig ist die Möglichkeit für gemeinschaftliches Essen, der Einsatz von Senioren-Animation, Musiktherapie, etc.

WIE SCHAFFEN SIE ES DANN, IM STATIONSALLTAG BESONDERS RÜCKSICHT AUF DEMENTE PATIENT/INNEN ZU LEGEN?

Für eine demenzgerechte Versorgung braucht man ausreichend entsprechend ausgebildete MitarbeiterInnen in allen Bereichen des Krankenhauses. Alle Beschäftigten, auch jene, die nicht unmittelbar in die Betreuung und Behandlung von PatientInnen eingebunden sind (wie Reinigungs- und Verwaltungspersonal, Portier-Loge, etc.) sollten zumindest ein Grundverständnis im Umgang mit Demenzkranken haben.
Schmerzen sollten rechtzeitig erkannt, bzw. behandelt, Lichtverhältnisse (Tag – Nacht – Rhythmus) entsprechend abgestimmt werden. Auch die Wahrnehmung muss man gezielt fördern und die Kommunikation ermöglichen (Brille aufsetzen, Hörgerät applizieren, die dritten Zähne einsetzen). Wichtig ist, dass alle Maßnahmen die man setzt, erkärt werden (was, warum). Auf einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt und ausreichende Nahrungszufuhr zu achten ist ebenfalls essentiell.

WELCHE BEDEUTUNG KOMMT DEN BEZUGSPERSONEN IN DER PFLEGE ZU?

Die AnsprechpartnerInnen für die Betroffenen sollten so wenig wie möglich wechseln. Ideal ist eine sogenannte Bezugspflege, bei der während des gesamten stationären Aufenthaltes das gleiche Krankenpflegepersonal grundsätzlich zuständig bleibt.

WAS KANN MAN TUN, WENN MAN DOCH EINEN KONSILIARARZT/ÄRZTIN ZU RATE ZIEHEN MUSS?

Umgebungswechsel sollte soweit möglich vermieden werden, Menschen mit Demenz sollten
möglichst wenig ihren vertrauten Bereich verlassen. KonsiliarärztInnen zum Beispiel sollten auf die Station zum PatientInnen kommen, Untersuchung und Behandlung der PatientInnen nur dann in Ambulanzen und anderen Funktionseinheiten durchgeführt werden, wenn es nicht anders möglich ist.

WELCHE ROLLE SPIELEN DIE ANGEHÖRIGEN UND WIE KANN IHR WISSEN ÜBER DAS VERHALTEN, DIE VORLIEBEN UND ABNEIGUNG DES/DER PATIENT/IN GENUTZT WERDEN?

Sie können Auskunft über Gewohnheiten und Besonderheiten der PatientInnen geben. Eine Einbindung in die Pflege sollte allerdings unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten und Ressourcen erfolgen. Die Möglichkeit der Begleitung bei (ambulanten) Untersuchungen (Diagnostik) und Behandlungen sollte gefördert werden. Angehörige sollen so oft und lange wie möglich beim/bei der Patient/en bleiben können. Dafür sind flexible Besuchszeiten, Rooming-in (rund um die Uhr) oder Rückzugsmöglichkeiten wichtig.
Auch entsprechend geschulte ehrenamtliche MitarbeiterInnen können in die Betreuung von PatientInnen mit demenziellen und kognitiven Beeinträchtigungen systematisch mit
einbezogen werden.

Experte:
Departmentleiter OA Dr. Walter Müller, MSc
Department für Akutgeriatrie und Remobilisation
A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen Klagenfurt GmbH
Völkermarkter Straße 19
9020 Klagenfurt am Wörthersee
Tel: +43 (0) 463 / 5830-661
www.ekh.at