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Meine OP: Karpaltunnelsyndrom-Operation
Die Einengung des Nervus medianus im Handgelenk gilt als häufigstes Nervenkompressionssyndrom.

Priv.-Doz. Dr. Stefan Salminger, Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Handchirurgie sowie Nervenchirurgie.

DAS SAGT DER FACHARZT. „Die Patient*innen sind meist unmittelbar nach der Operation schmerzfrei, sollten aber wissen, dass es einige Monate dauern kann, bis das Gefühl und die Kraft in den Daumenballen zurückkehren. Haben Nerveneinengung und Druckschädigung sehr lange bestanden, ist es durchaus möglich, dass eine vollständige Besserung nicht mehr erreicht werden kann. Aus diesem Grund sollte der Eingriff bei konservativem Therapieversagen nicht zu lange hinaus geschoben werden.“

 

Eindeutige Diagnose erfoderlich
Die Operation kann ambulant in örtlicher Betäubung in Kombination mit Dämmerschlaf erfolgen, wobei entweder lediglich das Operationsgebiet oder der Arm (Armplexusanästhesie) betäubt wird. Zur Diagnosestellung empfiehlt sich neben klinischen Tests und einer Nervenleitgeschwindigkeitsmessung ein hochauflösender Ultraschall, mit dem der Nerv millimetergenau dargestellt werden kann. Reagiert der Nerv bei Beklopfen mit elektrisierenden Missempfindungen (Hofmann-Tinel-Zeichen) oder breitet sich in Daumen, Zeige- und Mittelfinger ein Kribbeln aus, wenn das Handgelenk möglichst stark gebeugt wird (Phalen-Test), lässt dies auf eine verzögerte Leitgeschwindigkeit des Nervus medianus und somit auf ein Karpaltunnelsyndrom schließen.

 

UNSER EXPERTE. Priv.-Doz. Dr. Stefan Salminger ist Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Handchirurgie sowie Nervenchirurgie und im AUVA-Traumazentrum am Lorenz Böhler in Wien für rekonstruktive Eingriffe an den Extremitäten zuständig. CTS-Operationen gehören zu seiner täglichen Routine.

DIE BEHANDLUNGSMETHODEN. Die Therapie des Karpaltunnelsyndroms erfolgt zunächst konservativ. Im Anfangsstadium sind zum Beispiel Entlastung und eine mehrwöchige nächtliche Ruhigstellung mit Hilfe einer Schiene angezeigt. Tritt das Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft auf, kann es sich danach von selbst zurückbilden. Manche Betroffenen profitieren von Dehnübungen, physiotherapeutischen Maßnahmen oder physikalischer Medizin. In den meisten Fällen ist allerdings eine Operation unumgänglich, um den Nerv aus seiner Einengung zu befreien. Im Rahmen des Eingriffs wird das zu enge beugeseitige Hohlhandband durchtrennt, damit auf den darunter liegenden Nervus medianus kein weiterer Druck ausgeübt wird. Dies kann durch eine offene Operation mit Hautschnitt oder endoskopisch mit der minimalinvasiven Knopflochtechnik erfolgen. Die offene Operation sieht einen ca. zwei Zentimeter langen Schnitt im Handballen vor, auf die eine Befreiung des Karpalbandes (Präparation) und dessen Durchtrennung (der Länge nach) folgen. Ist der Nerv von Verwachsungen oder wucherndem Bindegewebe betroffen, wird dies anschließend entfernt.

 

Der Nerv kann nun wieder ungehindert gleiten und hat genügend Platz. Im Anschluss wird die Wunde vernäht und der Arm weich eingebunden. Ein endoskopischer Eingriff geht mit einem kleinen Schnitt am Handgelenk und in manchen Fällen in der Handfläche einher, durch den die Aufdehnungsstäbe in den Karpaltunnel geschoben werden. Ist der Tunnel aufgedehnt, wird das Endoskop eingeführt, um sämtliche Strukturen betrachten und anschließend das Karpalband durchtrennen zu können. Auch nach diesem Eingriff wird der Schnitt/werden die Schnitte vernäht und der Arm verbunden. Das Anlegen eines Gipses wäre kontraproduktiv, vielmehr sollte der Arm spätestens am Tag nach der Operation moderat bewegt werden, damit der Nerv nicht verklebt oder ins Narbengewebe einwächst. In manchen Fällen ist vor dem Vernähen das Legen einer Wunddrainage in die Wunde erforderlich, um Blut und Wundsekret abzuleiten.

Das Karpaltunnelsyndrom entsteht durch eine Druckschädigung des Nervs, der durch den Karpaltunnel verläuft.

DAS KRANKHEITSBILD. Beim Karpaltunnelsyndrom (CTS/KTS) handelt es sich um ein sogenanntes beugeseitig auftretendes Nervenkompressionssyndrom an der Hand oder im Handgelenkbereich, das den Nervus medianus beziehungsweise Mittelarmnerv betrifft. Es entsteht durch eine Druckschädigung des Nervs, der durch den Karpaltunnel verläuft. Dieser befindet sich anatomisch gesehen auf der Höhe des Handgelenks und ist zum einen von den Handwurzelknochen, zum anderen von Bindegewebe umgeben. Der Nerv teilt sich diesen Tunnel mit sämtlichen Beugesehnen der Finger von der Hand bis zum Unterarm, was unter normalen Umständen kein Problem darstellt.

 

Kommt es allerdings zu einer Zunahme des Volumens innerhalb des Tunnels, reagiert der Nerv aufgrund der Einengung „beleidigt“, was sich durch Taubheit, brennende Schmerzen, Kribbeln, motorische Einschränkungen, Nachtschmerz und so weiter äußert. Betroffene werden im Alltag ungeschickt, möchten die betroffene Hand ausschütteln, spüren sich nicht mehr vollständig. Bei manchen Patient*innen treten kurzfristig Schmerzen auf, während andere chronisch davon gequält werden. Sie können in den gesamten Arm ausstrahlen und gehen meist mit einem Taubheitsgefühl in den Fingerspitzen (Daumen, Zeige- und Mittelfinger) in Kombination mit einem verminderten Feingefühl sowie Schwäche beim Greifen einher. Frauen sind vom Karpaltunnelsyndrom häufiger betroffen als Männer. Je länger der Nerv eingeengt wird, desto wahrscheinlicher kann es in weiterer Folge zum Muskelabbau und bleibenden Schäden kommen.

Traumazentrum Wien der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt – Lorenz Böhler

 

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Klinikguide-Autorin: Sonja Streit